13.11.2004 RP Bild-Bericht „Die Wirkung in Farben“

Hans Werner Thurmann – Freischaffender Maler

 Pressespiegel 

Bildbericht in der Rheinischen Post, 13. November 2004

Die Wirkung der Farben

Wolken am Praxis-Himmel: Dr. Markus Fenger bietet seinen Patienten eine außergewöhnliche Aussicht.

„Manchmal muss man sich von der Natur entfernen, um ihr näher zu kommen“, sagt Hans Werner Thurmann. Der freischaffende Künstler trägt die Natur sogar in Arztpraxen hinein: Art-for-med heißt die ungewöhnliche Idee.

VON ANJA KATZKE

NEUKIRCHEN-VLUYN Den Blick ins sterile, weiß getünchte Nichts kennt wohl jeder, der schon mal auf einem Zahnarzt-Stuhl saß. In einer Praxis in Moers ist das anders. Dort schauen Patienten in einen Wolkenhimmel. Allerdings ist er aus Öl und hängt in einem Spezialrahmen unter der Decke des Behandlungsraums – zur Beruhigung der Patienten. Es handelt sich um eine Arbeit des Künstlers Hans Werner Thurmann, der seit 25 Jahren mit und in der Natur malt und seinem Konzept treu geblieben ist, das sich mit der emotionalen Wirkung von Farben auseinandersetzt.

Wolkenhimmel

Die Idee, Kunst für Wartezimmer und Behandlungsräume zu schaffen, entstand spontan auf einer der Jahresausstellungen in seinem Atelier an der Bahnhofstraße in Neukirchen-Vluyn. „Der Zahnarzt besuchte meine Ausstellung.
Und als sein Blick an dem Wolkenhimmel haften blieb, scherzte ich: Er gehört in den Behandlungsraum unter die Decke“, erinnert sich der Neukirchen-Vluyner Künstler. Die Idee zu „art-for-med“ war geboren. So ungewöhnlich die Idee ist, sie ist nur ein kleiner Ausschnitt des künstlerischen Schaffens Thurmanns: Der Beuys-Schüler beschäftigt sich mit der Macht der Farben. „Sie lösen Emotionen aus, und diesem Phänomen gehe ich in meiner Malerei nach“, betont er. Die Natur bietet aus seiner Sicht ein unendliches Reservoir an Farben. Dabei geht es ihm in seinem Schaffen nicht um das Abbild. Der Künstler verzichtet auf Gegenständliches, das er als ablenkend empfindet, und setzt auf Abstraktion, um die Wirkung der Farben zu konzentrieren. „Wenn der Einsatz der Farbe stimmt, sieht man Dinge auf dem Bild, die nicht gemalt wurden.“ Verwischte grüne Flächen werden als Wiesen erkannt, das Wechselspiel von hellblau, grau und weiß als Wolken.

Abstraktion

„Dem Auge wird etwas vorgegaukelt“, erklärt Thurmann, dessen Arbeiten eine Nähe zum Impressionismus aufweisen: „Der späte Monet war Ausgangspunkt meiner Arbeit.“ Nach dessen Tod habe man sich nicht mehr in dieser Form mit Farbe und Natur beschäftigt. Obwohl die Möglichkeiten längst nicht erschöpft gewesen seien, meint der Neukirchen-Vluyner, der im kommenden Jahr in Moers ein Atelier einrichten will. Der Impressio-nismus habe die Kunst an die Gegenwart hergeführt. Danach hätten sich die Kunst-strömungen aber in zu schneller Folge abgewechselt. Landschaftsmalerei war bald verpönt. Thurmann setzte sich jedoch bewusst über diesen Trend hinweg und entschied sich für die Natur. Sie ermögliche ein Wechselspiel von Verstand und Gefühl, weil sie mit der Wahrnehmung spielt.

Früher hat er in der freien Natur gemalt, heute nimmt er sie mit ins Atelier: „Ich kann mich an Farben sehr gut erinnern. Wenn ich unterwegs bin, schreibe ich auf, welche ich gesehen habe und wie ich sie einsetzen will.“ Manchmal kommen sie in seinen Bildern in einer stärkeren Qualität und Quantität vor, als er sie draußen wahrgenommen hat. Schon während seines Studiums an der Kunstakademie in Düsseldorf habe er nach der Natur gezeichnet, erzählt er. Dort habe er auch gelernt, richtig hinzuschauen. „Ich habe mich stundenlang vor einen Baum gesetzt, und nach einer Weile hat der Baum meinen Zeichenstift geführt.“

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